Miss Hokusai

Miss Hokusai

Originaltitel: Sarusuberi Miss HOKUSAI
Genre: Animation
Regie: Keiichi Hara
Laufzeit: DVD (90 Min) • BD (90 Min)
Label: KAZÉ Anime
FSK 6

Miss Hokusai   29.10.2016 von LorD Avenger

Im 19. Jahrhundert ist Edo eine geschäftige Großstadt und das kulturelle Zentrum Japans. Inmitten des bunten Treibens lebt der bekannte Maler Hokusai, dessen Holzschnitte später Weltruhm erlangen sollten. Doch unter seinem Namen schuf auch Tochter O-Ei viele dieser Werke mit ebenso großer Kunstfertigkeit. Locker verwobene Episoden zeigen sie als selbstständige Frau mit eigenem Kopf, die nicht nur furchterregende Drachen, sondern auch wunderschöne Frauen malt…   

 

 Katsushika Hokusai ist der Name eines für die japanische Kunstgeschichte sehr wichtigen Malers. Er lebte von 1760 bis 1849 und war besonders bekannt für seine Werke über Japans berühmtesten Berg Mount Fuji und seine erotischen Zeichnungen, die u.a. augenscheinlich Grundlage für heutige Tentakel-Pornos waren. Nicht nur das, denn ihm werden auch erste Anfänge des Manga-Genres nachgesagt, obgleich er keine Comics mit Geschichte im eigentlichen Sinne produziert hat. Wie am Titel unschwer zu erkennen dreht sich dieser mehrfach ausgezeichnete Film aber nicht um ihn, sondern um seine Tochter Oi (O-Ei). Diese war das ihm wohl am nächsten stehenden Familienmitglied, lernte unter ihm selbst zeichnen und arbeitete als seine Assistentin, während sie gleichzeitig auch eigene Kunst herstellte.     

 

Während das Internet von Informationen über Hokusai-Senior nur so wimmelt, ist der Wikipedia-Artikel über seine Tochter vergleichsweise kurz ausgefallen. Auch wenn man sich einige der Szenen im Film näher beschaut sieht man eindeutig eher Hommagen an seine Werke - der Film will aber auch ohnehin die Legende untermauern, dass Oi für viele von Hokusais Werken verantwortlich war. Die berühmtesten dieser Bilder und Holzstiche sollte man sich übrigens unbedingt vor Konsum des Films ansehen, denn viele davon werden ganz geschickt und unauffällig ins Screenplay mit eingebunden, ohne dass es ein ahnungsloser Zuschauer überhaupt merkt. Beispielsweise The Great Wave of Kanagawa schindet auch ohne Kunstwissen im Umfeld des Films Eindruck, mit dem Wissen, dass es auf einem Gemälde basiert, wirkt es aber noch deutlich mehr und interessanter.

 

Rein vom stilistischen Standpunkt ist der Film wirklich so großartig wie die zahlreichen Auszeichnungen und Nominierungen auf dem Cover vermuten lassen. Die Zeichnungen und Animationen sind flüssig, strotzen nur so vor Farbe und Ausdrucksstärke, die Malerinspiration der Charaktere kommt in Fantasy-artigen Vorstellungen an den Mann und untermalt wird das Ganze stellenweise von sehr cooler moderner Musik, die sich aber hervorragend mit dem dargestellten Edo der damaligen Zeit verträgt. Gewissermaßen erinnert Miss Hokusai nicht nur dadurch an Samurai Champloo.

 

Bildergalerie von Miss Hokusai (5 Bilder)

Was mir an der ganzen Geschichte nur fehlt, ist eben die Geschichte. Gefühlt gibt es keine richtige Handlung oder zumindest keinen klaren roten Faden, der Film fängt mittendrin an und endet, ohne wirklich etwas erreicht zu haben. Es gibt ein Anime-Genre, das sich "Slice of Life" nennt, also ein "Stück aus dem Leben" und wenn man das wörtlich nimmt, kommt es schon sehr nah an das Gefühl heran, das Miss Hokusai vermittelt. Wir kriegen ein Stück aus ihrem Leben serviert. Kein unwichtiges Stück, sicherlich, aber auch keines, das die Welt verändert. Wir folgen ihr einfach auf ihrem Weg durch das tägliche Leben, bewundern die Darstellungen des altertümlichen japanischen Lebens, schauen ihr beim Zeichnen zu, eher nebensächlich erfahren wir auch etwas über ihr Familienleben, wenn sie mit ihrem Vater spricht oder Freizeit mit ihrer kleinen Schwester verbringt, die blind zur Welt kam. Nicht unbedingt eine Handlung, die einen fesselt, zum Nachdenken anregt oder sonst irgendwie auf außergewöhnliche Weise im Gedächtnis bleibt. Es ist nett anzusehen. Und dann ist es zu Ende.

 

Am 9. Dezember erscheint übrigens auch eine Collector's Edition mit DVD und Blu-ray sowie einer Bonus-DVD, die ein zweistündiges Making Of enthält und Interviews. Darüber hinaus lässt sich darin auch ein 84-seitiges Booklet mit Postkarten-Set finden, alles verpackt in einer limitierten Holzbox.



Cover & Bilder © 2014-2015 Hinako Sugiura - MS.HS / Sarusuberi Film Partners


Das Fazit von: LorD Avenger

 LorD Avenger

Eine buchstäbliche "Slice of Life"-Geschichte aus dem Leben einer der Töchter von einem der größten japanischen Künstler vergangener Zeit. Tolle Bilder, tolle Animation und vor allem eine tolle lockere Wohlfühl-Atmosphäre, allerdings nicht genug Handlung, um nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. Die Charaktere wirken menschlich, realistisch, nichts ist überzeichnet oder unpassend, aber gleichzeitig sticht auch nichts wirklich hervor. Die beinahe heimliche Einbringung von Hokusais Kunstwerken ist genauso geschickt wie beeindruckend, natürlich aber noch einmal mehr, wenn man die Bilder im Vorfeld auch kennt. Wenn ihr euch den Film also anschaut, vorher unbedingt einen virtuellen Museumsrundgang einlegen!


Die letzten Artikel des Redakteurs:




Kommentare[X]

[X] schließen