Mein Freund Dahmer

Mein Freund Dahmer

Originaltitel: My Friend Dahmer
Genre: Drama
Regie: Marc Meyers
Hauptdarsteller: Ross Lynch
Laufzeit: DVD (103 Min) • BD (107 Min)
Label: Capelight Pictures
FSK 16

Mein Freund Dahmer   18.09.2023 von Dan DeMento

Mit Dahmer - Monster erschien letztes Jahr auf Netflix eine Miniserie, die das Leben des Serienmörders Jeffrey Dahmer sehr genau beleuchtete. Braucht es da so kurz darauf wirklich noch einen Spielfilm zum Thema? Wir sagen es euch, denn wir haben uns Mein Freund Dahmer für euch angesehen.
 
Inhalt:
 
Der 17-jährige Jeffrey Dahmer (Ross Lynch) ist in der Schule ein Außenseiter, dessen Hobby es ist, tote Tiere von der Straße zu sammeln und in Säure aufzulösen. Als er eines Tagen beginnt, im Unterricht Spastiken vorzutäuschen, werden Derf (Alex Wolff) und seine Freunde auf Dahmer aufmerksam. Sie gründen den "Dahmer-Fanclub", dessen erklärtes Ziel es ist, Jeffrey zu immer gröberem Unsinn anzustiften und ihn später auch dabei zu filmen. Sie verbringen gerne Zeit mit ihrem "Hofnarren", ahnen dabei aber nichts vom dem, was hinter der Fassade lauern. Denn getrieben von seiner scheinbar unerfüllbaren Homosexualität, einer zerrütteten Familie und der Suche nach Anerkennung entwickelt Dahmer bald Bedürfnisse, die mehr als eine Grenze überschreiten...
 
Die obengenannte Netflix-Serie war ein massiver Erfolg, und so ist davon auszugehen, dass jeder halbwegs Interessierte die Geschichte von Jeffrey Dahmer bereits in allen Details kennt. Mein Freund Dahmer konzentriert sich hingegen auf das Leben vor dem Monster, also auf Dahmers Highschool-Zeit, bevor er 1978 seinen ersten Mord an einem Anhalter beging. So ahnt man zwar in vielen Momenten, was aus ihm werden wird, doch gibt es genauso viele Momente, in denen klar wird, dass sich Dahmers Leben auch vollkommen anders hätte entwickeln können. Dabei wird der spätere Serienkiller noch viel mehr als Opfer seiner Umstände dargestellt als in Dahmer - Monster, der genau das ja immer wieder zum Vorwurf gemacht wird.
 
Würde die Hauptfigur aber nicht zufällig Jeffrey Dahmer heißen, so hätten wir mit Mein Freund Dahmer trotzdem ein düsteres Coming-of-Age-Drama vor uns, dessen Gewalt sich nicht darauf verlassen muss, das jeder weiß, was später geschieht. Die sich natürlich aufdrängende Dopplung lässt sich dadurch sehr leicht erklären, dass der Film zwar erst jetzt dank Capelight Pictures seinen Weg auf den deutschen Markt gefunden hat, tatsächlich entstand er aber schon 2017, und damit fünf Jahre vor der Netflix-Serie. Einige inszenatorische Überschneidungen legen den Verdacht nahe, dass die Macher der Serie sich zumindest von dem Film inspirieren ließen. Teilweise könnte man Szenen des Films in die Serie einfügen, ohne dass es jemand bemerken würde, was auch an der frappierenden Ähnlichkeit ihrer Hauptdarsteller liegt. Ob Evan Peters seine Darstellung Dahmers an die des aus Chilling Adventures of Sabrina bekannten Ross Lynch angelehnt hat, ob ob nur beide sehr gut den echten Jeffrey Dahmer imitiert haben, vermag der Verfasser dieser Zeilen nicht zu beurteilen.
 
Mein Freund Dahmer basiert auf dem gleichnamigen Comic von John Backderf, welcher - als Derf - auch im Film vorkommt und darin seine reale Bekanntschaft mit Dahmer verarbeitet hat. Derf wird übrigens von Alex Wolff verkörpert, der ein Jahr später mit Ari Asters Hereditary für Aufsehen sorgte. Auch in Mein Freund Dahmer ist Wolffs Leistung herausragend und er schafft es, aus seiner Figur keinen typischen Highschool-Bully zu machen, sondern verleiht dem Charakter so viel Sympathie und Tiefe, dass man stets hin und her gerissen ist zwischen seiner Figur und der von Dahmer, die Ross Lynch zwar deutlich zurückhaltender und ruhiger, dadurch aber nicht weniger überzeugend spielt.
 
Trotzdem - um wieder einmal den unvermeidlichen Vergleich zu Serie zu ziehen - ist Mein Freund Dahmer in seinen (wenigen) schlechteren Momenten deutlich plakativer inszeniert und leidet bei aller Genialität seines Hauptduos vor allem an seinen Nebenfiguren. Gerade ein Inneneinrichter oder Dahmers durch die eigentlich recht talentierte Anne Heche dargestellte Mutter agieren hart an der Grenze des Erträglichen.
 
So bleibt abschließend zu sagen, dass Mein Freund Dahmer ein sehenswerter Film ist, der sich hinter der Netflix-Serie nicht zu verstecken braucht, sondern sie im Gegenteil ziemlich sicher inspiriert hat. Der Film ist weniger drastisch in seinen Darstellungen und baut mehr auf die psychischen Abgründe, die den Zuschauer ahnen lassen, was noch folgen wird. Und genau damit macht der, mit gut 100 Minuten für heutige Verhältnisse recht kurze, Film seine Sache sehr gut.
 

Bildergalerie von Mein Freund Dahmer (6 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Der Film hat den typischen, offenbar unvermeidlichen "Retro-Filter", im Rahmen dessen ist das Bild aber klar, natürlich und frei von Störungen. Der Ton ist hervorragend abgemischt, kommt aus jeder Ecke des Raumes und auch die deutsche Fassung ist sehr hochwertig und gut gelungen. Am Bonusmaterial wurde ein wenig gespart, hier gibt es nur einige Trailer.


Cover & Bilder © capelight pictures OHG


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

Mein Freund Dahmer ist wirklich eine positive Überraschung. Der späteren Veröffentlichung hierzulande geschuldet muss er sich natürlich mit der Netflix-Serie messen, diesen Vergleich verliert er aber keineswegs. Mein Freund Dahmer ist ruhiger, zurückhaltender, dabei aber nicht weniger düster oder schwer. Der Film ist ein Highschool-Drama von besonderer Güte, das auch funktionieren würde, wenn nicht die ganze Welt wüsste, wie die Geschichte weitergeht.


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