Lindenberg! Mach dein Ding

Lindenberg! Mach dein Ding

Originaltitel: Lindenberg! Mach dein Ding
Genre: Biopic
Regie: Hermine Huntgeburth
Hauptdarsteller: Jan Bülow
Laufzeit: DVD (129 Min) • BD (134 Min)
Label: DCM / LEONINE
FSK 12

Lindenberg! Mach dein Ding   27.08.2020 von Dan DeMento

Nach dem großen Erfolg von Biopics wie Bohemian Rhapsody oder Rocketman war es nur eine Frage der Zeit, bis diese Welle auch nach Deutschland schwappt. Mit Lindenberg! Mach dein Ding entführt Regisseurin Hermine Huntgeburth uns ins Hamburg der 70er Jahre und zu den Anfangstagen von Udo Lindenberg. Aber ist auch filmisch alles klar auf der Andrea Doria? Wir haben nachgesehen.

 

Inhalt:

 

Hamburg in den 70er Jahren: Der Jazz-Schlagzeuger Udo Lindenberg (Jan Bülow) träumt davon, "sein Ding" zu machen, auf den ganz großen Bühnen zu stehen und auf der ganzen Welt berühmt zu sein. Der Weg dorthin aber ist steinig. So muss er sich als Kellner, Schlagzeuger im Bordell und Studiotrommler für Werbejingles über Wasser halten. Doch dann kommt endlich die große Chance: TELDEC-Manager Mattheisen (Detlev Buck) wird auf ihn aufmerksam und der große Erfolg rückt plötzlich in greifbare Nähe. Doch dann kommt es, wie es kommen muss: Alkohol, Drogen, Selbstzweifel und ein großer Streit mit Udos bestem Freund und Bassisten Steffi (Max von der Groeben) werfen Udo und sein Panikorchester weit zurück. Und das ausgerechnet kurz vor ihrem wichtigsten Konzert...

 

Es war klar, dass die Biopic-Welle früher oder später auch hierzulande erste Früchte tragen würde, und welche Figur würde sich dafür eher anbieten als Udo Lindenberg? Auch wenn nicht jeder mehr Songs von ihm kennt als den Sonderzug nach Pankow oder das - auch dank Clueso wieder allgegenwärtige - Cello, den komisch sprechenden Mann mit Hut und Sonnenbrille kennt hierzulande wirklich jedes Kind.

 

Zum Glück haben sich die Macher hinter Lindenberg! Mach dein Ding dazu entschlossen, sich eben nicht auf diese Kunstfigur zu verlassen, sondern ihren Film kurz vor Udo Lindenbergs großem Durchbruch anzusiedeln. Das lässt Hauptdarsteller Jan Bülow die Freiheit, seine Rolle selbst mit Leben zu füllen und nicht nur Abziehbild sein zu müssen.

 

Von einigen Ausflügen in Udos Kindheit und in die 60er Jahre abgesehen, spielt der Film hauptsächlich auf St. Pauli in den 1970er Jahren und folgt Udo Lindenberg auf seinem Weg von ersten kleinen Engagements in Bordellen und Tonstudios bis zur ersten eigenen Platte. Das Hamburg dieser stilprägenden Epoche wurde dabei so großartig inszeniert, dass man von der ersten Sekunde darin gefangen ist. Hier passt jede Hauswand, jeder Schuh, jedes Auto, jeder Schnurrbart (ein besonders schönes Exemplar ist im Gesicht von Max von der Groeben zu bewundern) und - natürlich - die Musik. Nichts davon wirkt aufgesetzt oder übertrieben, und es trieft auch nicht vor Nostalgie, wie das bei einigen anderen in dieser Zeit angesiedelten Machwerken leider der Fall ist. Man möchte fast vermuten, dass Fatih Akin mit Der goldene Handschuh die eine oder andere gestalterische Inspiration geliefert haben könnte.

 

Doch leider, so großartig die Atmosphäre des Films ist, so perfekt arrangiert die Musikszenen sind, so grausig sind die Dialoge. Soap-artige, allein der Handlungsfortführung dienende, seelenlose Sätzchen, die auch noch recht hölzern vorgetragen werden. Und das auch von Schauspielern, von denen man eigentlich besseres gewohnt ist. Denn an bekannten Gesichtern herrscht wahrlich kein Mangel. Während "Udo" Jan Bülow eher auf den Theaterbühnen zuhause ist, geben sich ansonsten die Charakterköpfe der deutschen Filmlandschaft die Klinke in die Hand. Neben Detlev Buck als schmierigem Manager Mattheisen und Charly Hübner als Udos daueralkoholisiertem Vater haben wir mit Julia Jentsch, Carol Schuler, Ruby O. Fee und der bezaubernden Saskia Rosendahl auch auf der weiblichen Seite einen Cast, der sich wirklich sehen lassen kann. Die größte Überraschung des Films ist aber Max von der Groeben, der sich als Bassist Steffi Stephan hoffentlich endlich von seinem Fack Ju Göhte Image freispielen kann.

 

Bei dieser Art von Film steht die Handlung meist nicht gerade im Vordergrund, und auch Lindenberg! Mach dein Ding könnte man durchaus vorwerfen, dass Udos Weg zum Erfolg sehr geradlinig und höchstens durch winzige Problemchen unterbrochen dargestellt wird. Das ist aber zu verkraften, da der Film charmant erzählt ist und gerade für Fans viele kleine Hinweise bereithält. So begegnen wir dem Mädchen aus Ostberlin ebenso wie Paula auf St. Pauli, die sich immer auszieht, und auch die späteren Eigenheiten der Figur Udo Lindenberg wie die Vorliebe für Eierlikör oder Hamburger Hotels werden hier schon angedeutet.

 

Aber bei aller Originalität kann der Film seine Inspirationen nicht ganz verbergen. Letztlich sind die Musiker-Biographien doch alle recht ähnlich erzählt. Wir haben den hoffnungsvollen jungen Mann, den Zusammenbruch kurz vor oder kurz nach dem großen Durchbruch und dann doch noch den ganz großen Erfolg. Und spätestens beim LSD-Trip auf St. Pauli fühlt man sich auch stilistisch sehr an Rocket Man erinnert. Zwar irgendwie... biederer, harmloser, aber doch unterhaltsam.

 

So ist zusammengefasst Lindenberg! Mach dein Ding ein wenig so wie der Künstler selbst: Irgendwie zu langsam, wirr und man versteht nicht alles, was er sagt. Aber man mag ihn doch, und sei es nur aus Respekt, weil es ihn schon so lange gibt.

 

Bildergalerie von Lindenberg! Mach dein Ding (5 Bilder)

Details der Blu-ray:

 

An Bild und Ton gibt es nichts zu motzen, das fällt vor allem bei den Konzertszenen auf. Hier gibt es dunkle Passagen, grelle Blitzlichter und Scheinwerfer, und das alles fühlt sich - optisch wie akustisch - an als wäre man live dabei. Auch das Bonusmaterial ist hier wieder etwas großzügiger ausgefallen und bietet eine Featurette, Interviews, ein Musikvideo, Trailer und sogar einen Audikommentar. Fans sind damit also auf jeden Fall gut bedient.



Cover & Bilder © LEONINE Distribution GmbH - Alle Rechte vorbehalten.


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

 

Dem Dialog-Autor von Lindenberg! Mach dein Ding gehört eine gehörige Backpfeife verteilt, denn die Diaologe sind wirklich unterste Kanone. Aber trotzdem - und gerade dann will es etwas heißen - weiß der Film über seine 134 Minuten Laufzeit zu unterhalten und entführt auch Nicht-Fans in den Kiez der 70er und in die Welt von Udo Lindenberg. Mit diesem Streifen macht man auf jeden Fall nichts falsch.


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