Gretel & Hänsel

Gretel & Hänsel

Originaltitel: Gretel & Hansel
Genre: Horror • Drama • Fantasy • Märchen
Regie: Osgood Perkins
Hauptdarsteller: Sophia Lillis • Samuel Leakey
Laufzeit: DVD (83 Min) • BD (87 Min)
Label: Capelight Pictures
FSK 16

Gretel & Hänsel   13.11.2020 von MarS

Osgood "Oz" Perkins, der älteste Sohn des Norman Bates Darstellers Anthony Perkins, hat als Regisseur bisher erst zwei Filme realisiert, doch immerhin gelten diese in Genrekreisen als kleine Geheimtipps. Nun versuchte er sich an einer Neuinterpretation eines bekannten Märchens, das über Capelight Pictures seinen Weg in zahlreichen Editionen in die deutschen Heimkinos findet. Wir haben uns die 2-Disc Limited Collector´s Edition im Mediabook von Gretel & Hänsel für Euch angesehen...

 

Inhalt

 

Verstoßen von ihrer eigenen Mutter irren die Geschwister Gretel (Sophia Lillis) und ihr jüngerer Bruder Hänsel (Samuel J. Leakey) ziellos durch die Wälder, auf der Suche nach einem neuen Obdach und Nahrung. Tief im Wald stoßen sie auf eine einsame Hütte, in der es Essen im Überfluss zu geben scheint. Die Bewohnerin ist eine alte, freundliche Frau (Alice Krige), die den beiden anbietet, ihr für eine zeitlang Gesellschaft zu leisten. Doch Gretel weiß, dass einem nichts gegeben wird, ohne dass einem im Gegenzug auch etwas genommen wird, und so drängt sie Hänsel, den Ort schnell wieder zu verlassen. Der jedoch fühlt sich sichtlich wohl, und mit der Zeit ist auch Gretel fasziniert von der alten Frau. Ihr unwohles Gefühl wird Gretel allerdings nicht los, und mysteriöse Visionen scheinen ihren Verdacht zu bestätigen, dass ein düsteres Geheimnis hinter der gutherzigen Fassade lauert...

 

Bereits der umgestellte - und damit äußerst sperrige - Titel lässt es vermuten: In der Neuinterpretation des Märchens der Gebrüder Grimm durch Oz Perkins ist einiges anders. Doch die jüngste Entwicklung der Horror- und Mystery-Filme hat bereits bewiesen, dass "anders" das neue "faszinierend" sein kann, und auch Gretel & Hänsel bildet da glücklicherweise keine Ausnahme. Allerdings gilt auch hier: Nicht jeder wird Gefallen an dieser Interpretation und dem damit einhergehenden Erzählstil haben, vielmehr werden sich wohl auch an Gretel & Hänsel die Geister scheiden...

 

Auch wenn sich Gretel & Hänsel doch recht deutlich in den Fußstapfen des bekannten Märchens bewegt und der grundsätzliche Ablauf der Geschichte damit bereits zu Beginn klar ist, so zeigt sich die Eigenständigkeit und Neuartigkeit der Geschichte bereits bevor die eigentlichen Hauptfiguren die Bühne betreten. Mit einer Art Märchen im Märchen legt Perkins hier den Grundstein für eine düstere Geschichte, in deren Mittelpunkt titelgemäß die weiblichen Figuren stehen, allen voran Gretel selbst. So entwickelt sich Gretel & Hänsel im Verlauf zu einem schauerlichen Kammerspiel, dessen treibende Essenz aus der Coming-of-Age Geschichte einer jungen Frau besteht, die in einer Welt voll Hoffnungslosigkeit aufgewachsen ist und sich verzweifelt an die erste Person klammert, die sich als Bezugsperson anbietet. Das geschieht allerdings nicht nur extrem ruhig, sondern zeigt auch durch die kunstvoll arrangierte Bildsprache in Verbindung mit dem energetischen Score seinen Bezug zum Arthouse-Kino, während eingefleischte Horrorfans nur durch die unheilvolle und beklemmende Atmosphäre eine Verbindung zu ihrem Genre erkennen werden. Sichtbaren Horror gibt es in Gretel & Hänsel eigentlich nicht, denn beinahe der gesamte Schrecken spielt sich allein im Kopf ab, was durch die eingestreuten Visionen und albtraumhaften Szenerien noch weiter verdeutlicht wird. Dass Hänsel dabei nicht nur im Titel in den Hintergrund rückt, sondern auch innerhalb der Handlung nur als emotionaler Pfeiler dient, ist dabei ebenso konsequent wie stimmig. Dies liegt aber nicht nur an seiner untergeordneten Rolle in der Geschichte, sondern auch daran, dass Jungdarsteller Samuel J. Leakey eigentlich kaum eine Chance hat, gegen die starke Vorstellung von Sophia Lillis und Alice Krige anzuspielen. Diese beiden liefern sich ein psychologisches, finsteres Duell, dessen unheilvolle Entwicklung bereits zu Beginn spürbar ist und sich bis zur unausweichlichen Eskalation immer intensiver zuspitzt. Letzten Endes ist es aber gerade das kunstvolle Arrangement in Verbindung mit dem ruhigen, sehr gezielten Erzählstil, der Gretel & Hänsel zu schwer verdaulicher Filmkost macht, und damit gerade diejenigen vor den Kopf stoßen dürfte, die sich einen knackigen Horrorfilm erwartet hatten. Vielmehr ist der Film ein schwergängiges Fantasydrama, dessen Horror viel tiefer liegt, als es plumpe Jumpscares oder klassische Gruselszenerien hätten darstellen können. 

 

Bildergalerie von Gretel & Hänsel (9 Bilder)

Details der Blu-ray

 

Obwohl der Film eigentlich nur aus düsteren, schwach ausgeleuchteten Szenen besteht, ist das Bild der Blu-ray sehr scharf und sauber. Die Farbgestaltung passt sehr gut zur Atmosphäre, Kontrast und Schwarzwert unterstützen hervorragend den unheilschwangeren Look, ohne wichtige Details zu verschlucken. Die Tonspur ist sehr dynamisch und angenehm räumlich abgemischt, die Kanäle sauber voneinander abgetrennt. Gezielter Effekteinsatz und der wabernde, energetische Score verteilen sich schön im Raum und werden kraftvoll wiedergegeben.

 

Details des Mediabooks

 

Das 2-Disc Limited Collector´s Mediabook nutzt als Cover ein Postermotiv, welches auf einer Szene aus dem Film basiert. Dieses zeigt die Hexe in einer ihrer Schlüsselsequenzen in düsterer Ausleuchtung, die Farbgebung ist gelblich stilisiert. Die Rückseite ziert ein düsteres Motiv von Gretel, eine Montage aus einem Szenenbild und einer Aufnahme aus dem Wald. Überzogen ist das Ganze von einem leichten Hochglanzfinish. Wie gewohnt wurde das Begleitblatt mit den Infos und Inhaltsangaben zum Mediabook lose hinten aufgelegt. Der Innendruck des Mediabooks besteht vorne wie Hinten aus einem Szenenmotiv, in welches sich die mit dem fortgesetzten Motiv bedruckten Discs perfekt integrieren. Das 28-seitige Booklet, verfasst von Marco Heiter, liefert eine ausführliche und sehr informative Analyse sowie Hintergrundinfos zu Osgood Perkins Märchenvariante.



Cover & Bilder © capelight pictures OHG, Patrick Redmond / Produktfotos: www.sofahelden.de


Das Fazit von: MarS

MarS

Gretel & Hänsel ist eine düstere Schauermär, die eine völlig neue Interpretation der bekannten Geschichte liefert und dabei so kunstvoll, ruhig und eigenständig inszeniert ist, dass auch dieser Film wohl von vielen nicht allzu wohlwollend aufgenommen wird. Wer sich einen heftigen Horrorfilm erwartet, der wird zweifellos enttäuscht, denn Gretel & Hänsel ist ein atmosphärisches Coming-of-Age Drama, dessen Mischung aus surrealer Bedrohung und atmosphärischem Unheil nur wenig echte Spannung oder bekannte Horrorelemente bereithält. Faszinierend und auf seine eigene Art und Weise beklemmend ist das Ganze aber auf jeden Fall - Fans von The VVitch und ähnlichen Genrevertretern sollte hier unbedingt einen Blick riskieren!


Die letzten Artikel des Redakteurs:




Kommentare[X]

[X] schließen