Die Fabelmans

Die Fabelmans

Originaltitel: The Fabelmans
Genre: Biografie
Regie: Steven Spielberg
Hauptdarsteller: Gabriel LaBelle
Laufzeit: DVD (145 Min) • BD (151 Min)
Label: Universal Pictures Home Entertainment
FSK 12

Die Fabelmans   24.06.2023 von Dan DeMento

Wenn ein Großmeister Hollywoods einen Film über die eigene Kindheit dreht, wie sollte so ein Film kein Meisterwerk werden? Steven Spielberg heißt der Großmeister, und Die Fabelmans heißt der Film. Und wir haben uns angesehen, ob das stark autobiografische Werk die hohen Erwartungen erfüllen kann.
 
Inhalt:

Es ist 1952, als der 8-jährige Sammy Fabelman (Mateo Zoryan) mit seinen Eltern Mitzi (Michelle Williams) und Burt (Paul Dano) zum ersten Mal im Kino ist - eine Erfahrung, die ihm einige schlaflose Nächte bereiten sollte. Doch wo andere dieser Kunst vielleicht verstört für immer den Rücken gekehrt hätten, findet Sammy einen ganz eigenen Weg, sein Trauma zu verarbeiten. Mit Papas Kamera stellt er zuerst das verstörende Zugunglück nach, das ihn nicht schlafen lässt, später inszeniert er epische Schlachten mit seinen Schulkameraden. Doch so erfüllend das filmische Schaffen ist, so fragil ist das Familienleben. So ist Sam (jetzt Gabriel LaBelle) nach einem berufsbedingten Umzug nach Kalifornien nicht nur antisemitischen Angriffen ausgesetzt, er entdeckt auch ein dunkles Geheimnis, das seine Mutter und seinen Lieblings-Onkel Bennie (Seth Rogen) betrifft...
 
Es gibt vermutlich keinen lebenden Menschen, dem der Name Steven Spielberg kein Begriff ist. Seit den 70er Jahren im Geschäft, ist der 1946 geborene Regisseur verantwortlich für unsterbliche Klassiker wie Der weiße Hai, Indiana Jones, E.T. - Der Außerirdische, Jurassic Park und unzählige andere. Spielbergs Filmografie liest sich wie die Inventarliste einer gut sortierten Filmsammlung. Bei einem Namen, der in so extremen Maß zu einem Synonym für Hollywood-Unterhaltung geworden ist, läuft man Gefahr, zu vergessen, dass es auch einen Menschen hinter dem Filmgott gibt. Genau diesen Blick ermöglicht jetzt Die Fabelmans, ein zwar offiziell fiktiver, aber doch extrem autobiografisch geprägter Film, der sich auf die Kindheit und Jugend von Steven Spielberg, beziehungsweise Sam Fabelman konzentriert.
 
Wenn man unbedingt möchte, könnte man an Spielbergs Werk die Gefälligkeit für ein breites Publikum kritisieren, oder die zeitlose Inszenierung. Denn wenig in seinem Schaffen eckt an, und auf neuere Werke wie Catch Me If You Can oder die Neuauflage von West Side Story wirken, als kämen sie direkt aus der goldenen Ära Hollywoods. Und so ist es auch in Die Fabelmans, und zwar auf die bestmögliche Art. Dieser Film hat alles, was man braucht. Er ist lustig, traurig, tiefgründig, aber doch leicht und lässt einen für gut zweieinhalb Stunden - denn mit 151 Minuten ist der Film kein Schnellschuss - die echte Welt vergessen.
 
Und das liegt an der extrem liebevollen Inszenierung. Hier wirkt nichts schnell runtergedreht, jede Einstellung ist wohlüberlegt, jede zweite davon ist ein - bewusstes oder unbewusstes - Zitat an die Filme der 50er und 60er Jahre, eine Tatsache die im großartigen Finale endgültig zur Perfektion geführt wird. So ist der Film selbst für ausgewiesene Cineasten, die nicht nur jeden in Die Fabelmans erwähnten Film gesehen haben, sondern Sammys große Liebe zum bewegten Bild teilen, eine große Freude, denn hier stimmt wirklich alles. 
 
Selbiges gilt auch für seine Darsteller. Wenn Steven Spielberg einen anruft, und fragt, ob man seinen Vater, seine Mutter oder gar ihn selbst spielen möchte, dann sagt man nicht nein, und das merkt man der Besetzung absolut an. Primär wird der Film natürlich von Gabriel LaBelle getragen, der damit einen Senkrechtstart in Hollywood hingelegt haben dürfte. Vorher kannte man den 20jährigen vielleicht aus dem grottigen Prequel-Sequel-Reboot Predator – Upgrade oder der Serie American Gigolo. Mit dessen Besetzung als Sam Fabelman bewies Spielberg einmal wieder, was für ein gutes Händchen er in dieser Hinsicht hat. Auch Michelle Williams und Paul Dano als Eltern sind über jeden Zweifel erhaben, und gerade zweiterer, der in Filmen wie Swiss Army Man, Prisoners oder zuletzt auch The Batman ja doch eher speziellere Charaktere verkörperte, ist hier nahbar und sympathisch wie nie zuvor. Ergänzt wird dieses Ensemble, das uns durch die Jahrzehnte führt durch kleinere und größere Auftritte von Legenden wie Seth Rogen, Judd Hirsch oder auch Regisseur David Lynch, dessen Auftritt mein persönlicher Highlight des Films ist.
 
Und auch hinter der Kamera durfte sich Spielberg auf langjährige Wegbegleiter verlassen, wovon der Zuschauer am meisten von Co-Autor Tony Kushner (A.I. – Künstliche Intelligenz), Cutter Michael Kahn (alles seit Unheimliche Begegnung der dritten Art von 1977) und natürlich Filmmusik-Gott John Williams mitbekommt.
 
So fällt es wirklich schwer, irgendetwas Negatives über Die Fabelmans zu sagen. Der Film bewegt sich permanent in einem Wechsel zwischen Realität und Film, teilweise wird das - wie bei einem heftigen Streit der Eltern - ganz bewusst aufgegriffen, teilweise schwingt es sehr dezent im Subtext mit. So ist Die Fabelmans keiner dieser verkopften "Filme über Filme", die sich oft in ihren Hommagen, Zitaten und Ehrungen selbst verlieren, sondern bietet einfach diese 5% mehr für die Menschen, die wissen, was gemeint ist, ohne damit die anderen vor den Kopf zu stoßen oder sie aus der Geschichte zu reißen. Man merkt in jeder Sekunde des Films, dass er von jemandem gemacht wurde, der nichts so liebt, wie Filme zu machen.
 
Ein wunderbarer Abschied von den eigenen - kürzlich verstorbenen - Eltern, ein privater Einblick in die eigene Geschichte, und eine große Liebeserklärung ans Filmemachen - Die Fabelmans ist - und diesen Ausdruck bemühe ich nicht allzu oft - ein Meisterwerk.
 

Bildergalerie von Die Fabelmans (6 Bilder)

Details der Blu-ray:
 
Universal Pictures hat sich bei seinen Veröffentlichungen noch nie lumpen lassen, und so ist es auch hier, denn die Grenzen bestimmt hier nur das eigene Equipment. Das Bild ist gestochen scharf, die Farben sind - den bewussten Retro-Filmlook miteinbeziehend - natürlich und satt und der Ton kommt im fetten Dolby Digital Plus 7.1  Ton, in der Originalfassung sogar in Dolby TrueHD 7.1 aus den Boxen. Technisch ist der Film so perfekt umgesetzt wie erzählerisch, hier stimmt einfach alles. Auch am Bonusmaterial wurde nicht gespart, so enthält es mehrere kleine Making Ofs, die einen sehr guten Einblick in die Produktion geben und genauso sehenswert sind wie der Film selbst.


Cover & Bilder © Universal Studios. Alle Rechte vorbehalten.


Das Fazit von: Dan DeMento

Dan DeMento

 

Wenn ihr Filme liebt, wenn ihr Filmemachen liebt, wenn ihr Indiana Jones, Der Weiße Hai oder Schindlers Liste mochtet, wenn ihr Wohlfühlfilme mögt, die trotzdem genug Tiefe bieten, wenn ihr Biografien mögt oder einfach Steven Spielberg mögt... Habe ich irgendjemanden nicht angesprochen? Egal wer ihr seid, schaut euch Die Fabelmans an. Dieser Film hat alles, was ein Film haben muss, und sogar noch ein bisschen mehr. Uneingeschränkte Empfehlung!


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